Tierschutz

Der nachfolgende Text erschien in der heutigen Ausgabe des Seetalerbote. Leider hat sich bei der URL des Blogs ein Fehler eingeschlichen. Ich bitte um Entschuldigung.

Tiere gehören hier in Honduras, und insbesondere im Dorf La Venta, genauso zum Strassenbild wie die wenigen Autos. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sind Hunde, Katzen, Hühner aber auch Kühe und Pferde unterwegs auf der Suche nach Futter, Artgenossen oder vielleicht ein paar Streicheleinheiten der Menschen.

Und obwohl die Menschen in Punkto essen alles andere als verwöhnt sind, bleibt auch für die Tiere genug übrig. Hunde, Katzen und Hühner verzehren die von den Menschen produzierten Essensreste und säubern damit auch gleich noch ein wenig das Strassenbild. Während der Nacht beschützen sie das bescheidene Heim und schlagen Alarm falls sich unerwünschte Besucher nähern. Kühe und Pferde ernähren sich dagegen primär vom Gras am Strassenrand und revanchieren sich mit Milch oder als Träger schwerer Lasten.

Die Kühe die auf ihrem Weg ab und zu auch an meiner Wohnstätte vorbeikommen erinnern mich dabei an eine Szene aus einem Theaterstück. Mangels besserer Alternativen führten die Protagonisten dort ihre Tiere den Strassen entlang, um sie mit Futter zu versorgen. Wohlgemerkt - das Stück spielte in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Und so komme auch ich mir hier manchmal etwas in die Vergangenheit zurückversetzt vor. Offen bleibt jedoch die Frage, wie am Strassenrand weidende Kühe und das einfache Wellblechdach über dem Kopf zu omnipräsenten Satelliten-TV, Mobiltelefonen und Coca-Cola in PET-Flaschen passen. Die Kombination des 19. und des 21. Jahrhunderts entwickelt hier zuweilen schon ziemlich seltsame Blüten und stellt die Vorstellung einer allgemein gültigen Pyramide der menschlichen Bedürfnisse gewaltig auf den Kopf.

Doch auch das Zusammenleben von Mensch und Tier ist nicht ganz so idyllisch wie es auf den ersten Blick aussieht. Global konsumieren, aber lokal Denken und Handeln lautet die Devise. Unter Tierschutz versteht man hier eher den Schutz von Hab und Gut der Menschen vor den Tieren als umgekehrt. Das Repertoire an konkreten Massnahmen reicht dabei von einfachen Drahtzäunen über Holzverschläge bis hin zu hohen Mauern aus Ziegelsteinen und Beton mit einer Krone aus Stacheldraht. Ob diese Massnahmen effektiv notwendig sind, kann ich nicht beurteilen. Sicher ist nur, dass die Baumeister die grössten Profiteure dieser Entwicklung sind. Mit Blick auf die politische Debatte zu den Tierschutzanwälten in der Schweiz ergibt sich hier vielleicht plötzlich eine erstaunliche Parallele.

Allgemein ist der Umgang mit der Umwelt ein anderer. Während man sich in Europa bereits bemüht die Zerstörung der Natur nicht weiter voranzutreiben, scheint hier der Kampf gegen die Natur noch längst nicht ausgefochten. Zuweilen werden Tiere ohne erkennbaren Grund getötet oder Wälder angezündet ohne dass der Mensch daraus Profit schlagen könnte. Aus der Ferne betrachtet ist dies unverständlich. Doch mit Blick auf eine weite, stark verwilderte und ungezähmte Landschaft wird klar, dass die Endlichkeit der Ressource Natur hier alles andere als offensichtlich ist. Warum sollte man sich also um etwas Sorgen, was unendlich scheint?

Kühe vor meinem Haus Geschrieben am 04.02.2010 von villosoph

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